Agrocologies
Im 21. Jahrhundert kommt es zu einem wachsenden Bedarf an Nahrung und Wohnraum. Gleichzeitig entsteht durch einen ständig zunehmenden Strom an Landwirtschaftsabfällen eine neue Ressource. Diese Nebenprodukte haben nicht nur das Potenzial, entstehende Lücken zu schließen, die sich aus Lebenskreisläufen ergeben. Durch Upcycling bringen sie gleichzeitig auch neue generative Zugehörigkeiten hervor. Als Plattform untersucht Agrocologies, wie Prozesse des Upcyclings aktiviert und in die Privatsphäre eines Zuhauses, einer Gemeinschaft oder größerer Infrastrukturen integriert werden können.
Die Ökologie einer Küche steht sowohl auf dem Niveau des einzelnen Haushalts als auch auf dem der Kommune im Zentrum der Untersuchung. Sie wird genutzt, um verschiedene Upcycling-Praktiken zu untersuchen: von einem neuen Konzept, das innerhalb der Kücheninfrastruktur die Abfallentsorgung überdenkt bis hin zum Anbau von Baumaterialen, die vor Ort aus landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen werden. Im Gegensatz zu zeitgenössischen Praktiken der Müllentsorgung, die oft durch über Bestrafung funktionierende Betriebssysteme gesteuert werden, lädt Agrocologies dazu ein, darüber nachzudenken, wie die Verarbeitung und Wiederverwertung landwirtschaftlicher Abfälle in Lebensrituale integriert und in der prototypischen Küche des 21. Jahrhunderts erfahrbargemacht werden kann.
Mae-Ling Lokko (GH, PH, US) Die Architekturtechnologin Mae-Ling Lokko ist Professorin am und Leiterin des Building Sciences Programm des Rensselaer Polytechnic Instituts in New York (USA). In ihrer Arbeit konzentriert sich Lokko auf die Wiederverwendung (das „Upcycling“) von landwirtschaftlichen Abfällen und Biopolymer-Materialen, und untersucht ihre Nutzung als Hochleistungen erzeugende Baumaterialien. Sie lässt sich dabei von einem neu aufkommenden, interdisziplinären Forschungsgebiet inspirieren, das sich auf eine neue Generation von grünem Biokomposit sowie von in Ghana praktizierten neuen Methoden der Widerwertung von Abfällen spezialisiert. Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören eine Ausstellung im Biodesign der Rhode Island School of Design (2018), auf der Liverpool Biennale 2018, der ANO Institute of Contemporary Arts und der Mmofra Foundation Climate Change Ausstellung (beide in Accra, Ghana, 2017 sowie auf der Advanced Energy Conference in New York (2016), dem Chale Wote Festival in Accra, Ghana, 2016 und dem Rotch Golden Cube in Troy, USA (2016).
Wie hat sich der Prototyp in den letzten Monaten entwickelt?
Die Präsentation auf dem Architekturfestival CAFx in Kopenhagen gibt Einblicke in den ArbeitsprozessIm Rahmen des Copenhagen Architecture Festivals (CAFx) setzt das Projekt Agrocologies die Küche gleichsam als Landschaft für prototypische Abfallverwertung und zum Züchten von Baumaterialien aus Abfall ein. Alltägliche Küchengegenstände wie PVC-Rohre, IKEA-Küchenutensilien und einfache Behälter dienen als Passformen für Prototypen aus Pilzgeflecht wie etwa Tischplatten, Spülbecken, eingebaute Küchenutensilien, Aufbewahrungsmöglichkeiten, Schüsseln, Tassen und vertikale Pflanzenwände. An einer Bar werden im Rahmen einer Performance mit Happy Hour ausgewählte Produkte aus dem Kücheninventar vorgestellt, deren Material aus den Abfällen der Cocktail-Zutaten gewonnen wurde.
Der fertiggestellte Prototyp
Das Housing the Human Festival zeigt ein Abendessen für Gäste und Myzel-Organismen
Das Projekt Agrocologies erforscht aus sozialer und architektonischer Perspektive, wie wir Abfall-Upcycling in den eigenen urbanen vier Wänden praktizieren können.
Im radialsystem stellt Agrocologies die Transformation von Lebensmitteln durch häusliche Rituale und soziale Aktivitäten vor. Essensreste werden an Myzel-Organismen verfüttert, die in die Infrastruktur der Küche eingebettet sind, um so eine neue Bandbreite an biobasierten, kompostierbaren Haushaltsgegenständen „wachsen zu lassen“.
Live-Performances mit einer inszenierten Dinner-Party führen neue häusliche Rituale und Tätigkeiten vor, die dem Essen vorausgehen oder folgen und die Transformation von Lebensmittelabfällen sowie die Nutzbarmachung der in der Architektur dieses Prototyps „gezüchteten“ Haushaltsgegenstände in den Mittelpunkt stellen.