HOMESCHOOL (ehemals 'Regarding the Pain of SpotMini')
Regarding the Pain of SpotMini ist Teil eines fortlaufenden Forschungsprojekts. Es untersucht die Rechenschaftspflicht von Datenbanken, die Arbeitsabläufe in parametrischen Designs und deren Ursprünge in Bemessungs- und Klassifikationssystemen, die in Europa im 16. Jahrhundert etabliert wurden .
Autonome Systeme werden mit einem computerisierten Sichtsystem ausgestattet, mit dem sie sich in ihrer gebauten Umgebung zurechtfinden können. Solch einem maschinell hergestellten Sichtsystem muss alles über die Welt, in dem es operiert, beigebracht werden: ein autonomer Roboter, der durch eine häusliche Umgebung fährt, muss lernen, was ein Stuhl, was ein Esszimmer und was ein Mensch ist. Für diesen Zweck werden große Trainingsdatenbanken angelegt. Die Vision einer post-menschlichen Architektur, in der Menschen und autonome Maschinen zusammenleben, zeigt, wie hyper-standardisiert und exklusiv solch eine Architektur aussehen müsste. Welches Bild nutzt man, um einem computerisierten Sichtsystem beizubringen, was ein Mensch ist?
Simone C Niquille (CH, NL) ist eine in Amsterdam lebende Designerin und Wissenschaftlerin. Ihre Agentur Technoflesh untersucht die Reibungsfläche zwischen Digitalisierung und Biomasse in vernetzten Räumen. Niquille hat an der Rhode Island School of Design Grafikdesign studiert und am Sandberg Institut in Amsterdam ihren Master in Visual Strategies gemacht. Sie unterrichtet Designforschung an der ArtEZ University of the Arts in Arnhem und war 2016 Stipendiatin am Het Nieuwe Institut in Rotterdam. Simone C Niquille wurde beauftragt, für den niederländischen Pavillon auf der Architektur-Biennale in Venedig ein Design zu entwerfen. Momentan arbeitet sie an einem Projekt, das Lebensstandards untersucht und dabei erforscht, wie diese in parametrische Designprozesse eingebunden sind.
Wie hat sich der Prototyp in den letzten Monaten entwickelt?
Die Präsentation auf dem Architekturfestival CAFx in Kopenhagen gibt Einblicke in den Arbeitsprozess
Regarding the Pain of SpotMini hat sich zu einem Forschungsprojekt zu synthetischen Trainingsdatensätzen für visuelle Computererfassung von Innenräumen entwickelt. Das Projekt analysiert 3D-Datensätze von Wohnraumsituationen, welche für Testläufe von Robotern und zum Training von Objekterkennung und Innenraumnavigation eingesetzt werden. Will man architektonische Designs generieren, muss der Inhalt solcher Datensätze in beschreibenden Clustern kategorisiert werden. Ähnlich der Taxonomie in der Biologie sieht die Organisation von Räumen und Objekten ungefähr so aus: Wohnzimmer>Sofa>Decke oder Küche>Schrank>Besteck.
Wissenschaftler haben Tausende von Wohnzimmersituationen generiert, bei einem Datensatz jedoch beschlossen, dass das Wohnzimmer Objekte der Kategorie „Kasten“ enthalten solle – vielleicht dachten sie an eine Truhe oder eine Zigarrenkiste. Stattdessen war das Wohnzimmer dann voller Briefkästen; die Situationen wurden als fehlerhaft verworfen. Das Beispiel veranschaulicht die Herausforderungen beim Erstellen solcher Trainingsdatensätze. Gelten nur Möbelstücke mit vier Beinen und Rückenlehne als Stühle – oder alle Sitzmöbel? Eine virtuelle Welt ohne jede Orientierung, Verhältnismäßigkeit und Organisation ist der Spielort eines Dokumentarfilms über das Designobjekt des 21. Jahrhunderts: den Trainingsdatensatz.
Der fertiggestellte Prototyp
Der Film HOMESCHOOL fasst das Forschungsprojekt zusammen auf dem Housing the Human Festival
Der 3D-animierte Kurzfilm HOMESCHOOL beruht auf synthetischen Trainingsdatensätzen für maschinelles Sehen in Innenräumen. Roboter, die im Haushalt zum Einsatz kommen, sind auf Computervision angewiesen, um sich in Wohnräumen bewegen zu können, doch eine Kamera allein erkennt die Gegenstände nicht, die sie erfasst. Um Roboter zu programmieren, die ihr zukünftiges Umfeld tatsächlich begreifen, werden aus großen Datensätzen von 3D-Dateien virtuelle Modelle von Häusern erstellt. Die Szenografie von HOMESCHOOL speist sich aus einem der größten existierenden Trainingsdatensätze, dem SceneNet RGB-D, und macht auf diese Weise die Trainingsdaten sichtbar, die der daraus resultierenden Technologie zugrunde liegen.
In der szenografischen Installation des Films im radialsystem erkundet ein nicht näher beschriebener Ich-Erzähler eine virtuelle Umwelt. Durch „learning by seeing“ versucht er ein Verständnis zu entwickeln und verweilt in Mehrdeutigkeiten.
Sound: Jeff Witsche, Stimme: Kiara K.
Commissioned by Housing the Human
Unterstützt von:
Fotomuseum Winterthur
Swissnex San Francisco